In Zeiten schnell voranschreitender Digitalisierung blicken viele Eltern voller Unverständnis auf ihren Nachwuchs. Stundenlang können sie sich mit ihren Smartphones beschäftigen, surfen damit im Web, chatten mit Freunden oder sehen sich das neuste Video eines YouTube-Stars an. Das macht verständlicherweise vielen Menschen große Sorgen. Schließlich wirkt es so, als würden die Kinder ihr Leben praktisch komplett ins Digitale verlagern und die „echte“ Welt weder richtig kennenlernen, noch besonders interessiert daran zu sein. Auch Pädagogen blicken besorgt auf diese, immer gewöhnlicher werdenden, Entwicklungen.
Dieser Ratgeber wird Eltern wichtige Hinweise an die Hand geben, wie sie Handysucht bei ihren Kindern und Teenagern erkennen können, welche Maßnahmen dagegen ergriffen werden können und wann es eventuell Zeit ist, sich professionell helfen zu lassen.
Inhaltsverzeichnis
Anzeichen: Handysucht erkennen
Grundsätzlich ist gegen die Nutzung von Handys und Smartphones nichts einzuwenden. Es ist ein natürlicher Vorgang der Weiterentwicklung, den wir beobachten. Unser aller Lebenswelt erweitert sich dadurch radikal und wir erleben das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, wie es ist, wenn große Teile der Bevölkerung Zugriff auf praktisch jede nur erdenkliche Information haben.
Nichtsdestotrotz kann die Nutzungsintensität bei Smartphones auch krankhafte Züge annehmen.
Wir sprechen dann im Volksmund von einer Handysucht. Bei Kindern und Jugendlichen wird die Grenze hierfür bei einer Nutzungsdauer von 12 Stunden täglich gezogen. Die gängigere Definition, die auch bei Substanz- oder Gewinnspielabhängigkeit herangezogen wird, ist: Eine weitere Nutzung des Suchtmittels, obwohl dem Konsumenten schwerwiegende negative Konsequenzen bewusst sind. Diese negativen Konsequenzen werden also von Konsumenten in Kauf genommen um sein Suchtverhalten weiterführen zu können.
Bezogen auf Handys könnte das folgende Punkte betreffen:
- Das soziale Umfeld leidet. Das Kind verzichtet zum Beispiel darauf, sich mit Freunden zu treffen, um online sein zu können oder meldet sich von einem eigentlich geliebten Verein ab, um mehr Zeit am Handy verbringen zu können.
- Das Kind gibt andere Interessen und Hobbys auf. Wenn das Handy die einzige Quelle für Spaß und Freude für das Kind geworden ist, ist definitiv Suchtverhalten vorhanden. Natürlich ist es in Ordnung, wenn es dem Kind gefällt online zu chatten oder zu spielen, aber es sollte auf keinen Fall das einzige Hobby sein.
- Die Schulnoten werden schlechter. Natürlich kann das auch eine Menge anderer Gründe haben, aber ein einigendes Zeichen von Suchtverhalten ist die Vernachlässigung anderer Lebensbereiche. Wenn die Schulnoten tatsächlich schlechter werden, weil das Kind so viel Zeit am Handy verbringt, ist ein Punkt erreicht, an dem Eltern in der Pflicht sind einzuschreiten.
Die Anzeichen sind natürlich nur einige. Generell lässt sich sagen, dass Menschen einander oft recht gut einschätzen können und daher die Frage, ob das Kind handysüchtig ist, oft vom Bauchgefühl schon beantwortet wurde. Ist man für sich zu dem Schluss gekommen, dass das Verhalten des Kindes problematisch ist, muss der nächste Schritt nun ein offenes und ehrliches Gespräch mit ihm sein. Verbote und Vorwürfe führen in so einer Situation selten zu Besserung, stattdessen sollten sich Eltern Mühe geben, ihre Sorgen und Ängste klar zu kommunizieren und dem Kind so klarzumachen, dass es geliebt und bei Problemen unterstützt wird.
Gemeinsam kann man nun über Maßnahmen nachdenken, wie man sich dem Problem stellen kann. Vielleicht ist auch dem Kind längst klar, dass sein Verhalten nicht gesund ist und es freut sich über die Hilfe der Eltern. Ein großes Problem, mit dem Süchtige kämpfen müssen, ist nämlich die Scham sich einzugestehen ein Problem zu haben. Eltern haben hier die Aufgabe, ihrem Kind diese Scham zu nehmen und ihm im Kampf gegen die Handysucht unterstützend zur Seite zu stehen.
Handysucht bekämpfen
Hat man mit dem Kind gesprochen und ist gemeinsam zu dem Entschluss gelangt, das Verhalten zu ändern, gilt es nun geeignete Maßnahmen zu finden, um dies zu erreichen.
Das naheliegendste ist es natürlich, die Nutzungszeit einzuschränken. Es gilt das Kind wieder an die „echte Welt“ zu gewöhnen und ihm zu zeigen, dass diese deutlich mehr zu bieten hat, als das Online-Äquivalent, in dem es sich sonst aufhält. Um das zu erreichen eignen sich zwei Dinge ganz besonders:
Gemeinsame Unternehmungen
Ausflüge und gemeinsame Unternehmungen: Diese eignen sich perfekt um sie nicht nur zur „smartphonefreien Zeit“ zu erklären, sondern sie zeigen dem Kind auch, dass Aktivitäten auch ganz analog Spaß machen können. Dem Kind einfach das Handy wegzunehmen hätte einen gegenteiligen Effekt: Ohne seine gewohnte Unterhaltungsquelle langweilt sich das Kind und das Verlangen nach dem Handy wird nur noch größer. Die Eltern werden als böse und unnachgiebig empfunden, denn sie rauben die Quelle der Unterhaltung, ohne sie durch etwas Neues zu ersetzen.
Das Gespräch suchen
Ein offenes, ehrliches Gespräch: Wer sich so konsequent in eine Onlinewelt flüchtet, dass man von Sucht sprechen kann, der ist vermutlich mit irgendetwas in seinem Leben unzufrieden und findet online die Befriedigung, die ihm offline verwehrt bleibt. Es gilt, im gemeinsamen Gespräch mit dem Kind herauszufinden, ob das der Fall ist, und falls ja, wie man diesen Missstand beseitigen kann. Natürlich setzt das eine Menge Vertrauen und auch Mut von Seiten des Kindes voraus, weshalb Eltern es besser nicht drängen oder „Antworten verlangen“ sollten. Stattdessen kann es manchmal Wunder wirken, das Kind wissen zu lassen, dass es Unterstützung findet und sich mit Problemen stets an die Eltern wenden kann.
Leider gibt es auch Fälle, bei denen derartige Maßnahmen versagen. Wenn das Kind, trotz Gegenmaßnahmen, sein Verhalten über eine längere Zeit nicht ändert, oder es sogar schlimmer wird, sollte über eine Therapie nachgedacht werden. Auch wenn die negativen Auswirkungen immer stärker werden, sich das Kind bspw. Sozial isoliert, ist unter Umständen ein Besuch bei einem Therapeuten oder einer Beratungsstelle von Vorteil.